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Mt 5,19-Serie (3Mo 19,1-20,27)
Nächstenliebe, Ermahnung und Vergebung

Das Gebot der Nächstenliebe – und das, was damit zusammenhängt.

Vorab: Wir haben einen separaten Artikel, der sich explizit dem oft missverstandenen Thema der “göttlichen Liebe” widmet. Dort gehen wir detailliert auf die wichtigsten Aspekte der Liebe zu Gott und unserem Nächsten ein. Bei Interesse schaue dort vorbei.

Hier ist der Fokus eher der Zusammenhang, in welchem das königliche Gebot der Nächstenliebe eingebettet ist. Denn oft – wie es leider durch unsere Faulheit gang und gäbe geworden ist – ist nur den wenigsten bekannt, was in unmittelbarer Nähe zur Nächstenliebe noch geschrieben steht. Und da dieser Zusammenhang nicht unwesentlich ist, sollte man zumindest die beiden Verse und deren Inhalt kennen:

3Mo 19,17-18 Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst. Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts nachtragen, sondern sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der HERR. [CSV]

“Nicht hassen, Nächsten ernstlich zurechtweisen, nichts nachtragen (also stets vergeben), nicht rächen, sondern den Nächsten lieben wie uns selbst.”
Frage: “Könnte es sein, dass diese Punkte irgendwie miteinander zusammenhängen?”
Selbstverständlich. Aber wie genau?

Ein Beispiel dazu: Nehmen wir einmal an, dass jemand sich durch das eigene Fehlverhalten in Gefahr begibt. Erst einmal egal, was für eine Gefahr das auch immer sein mag. Die weltliche Vorgehensweise wäre (stark vereinfacht dargestellt), dass man den, den man hasst, nicht vor dieser Gefahr warnt und den, den man liebt, warnt.
Stellt man sich ein solches, vereinfachtes Szenario vor und wendet diese beiden eben gelesenen Verse darauf an, wird der Zusammenhang vielleicht schneller klar:
“Man erkennt die Gefahr, aber die Person selbst nicht. Jetzt soll man nicht aus Hass oder Rachsucht oder weil man der Person etwas nachträgt bzw. ihr nicht vergeben hat, schweigen und nichts sagen, sondern wir sollen aus Nächstenliebe diese Person ernstlich zurechtweisen.”
Noch einmal die Stelle:

3Mo 19,17-18 Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst. Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts nachtragen, sondern sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der HERR. [CSV]

Ein, in diesem Beispiel noch nicht aufgeführter Aspekt aus diesen beiden Versen fehlt noch, nämlich das “seinetwegen Schuld tragen“. Wann passiert das? Wann tragen wir Mitschuld? Genau, wenn wir nicht aus Liebe unseren Nächsten warnen. Dazu auch ein Vers aus den Propheten:

Hes 3,18 Wenn ich zum Gottlosen spreche: Du sollst gewiss sterben!, und du warnst ihn nicht und redest nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Weg zu warnen, um ihn am Leben zu erhalten, so wird er, der Gottlose, wegen seiner Ungerechtigkeit sterben, aber sein Blut werde ich von deiner Hand fordern. [CSV]

Hier lesen wir exakt denselben Zusammenhang: Man erkennt eine Gefahr bei jemandem. Man warnt diese Person nicht (aus welchen Gründen auch immer). Man trägt seinetwegen Mitschuld.
Es gibt etwas Vergleichbares in unserer Gesellschaft, das wir unter dem Begriff “unterlassene Hilfeleistung” kennen: Man kann helfen, tut es aber nicht. Diese Handlungsweise ist das Gegenteil von Liebe und kann unmittelbar mit Hass, Rache oder Unvergebbarkeit zu tun haben. Oder schlimmer: mit Gleichgültigkeit.
Denn meist ist es so, wenn man jemanden hasst oder jemandem etwas nachträgt, ist er bzw. sie einem nicht ganz egal. Bei Gleichgültigkeit ist das aber alles bereits überschritten. Man könnte sagen, dass Gleichgültigkeit das Fehlen von Liebe ist. Und somit das perfekte Gegenteil davon.

Uns sollen unsere Nächsten aber nicht gleichgültig sein. Wir sollen sie lieben, was mitunter heißt, dass wir unsere Nächsten ernstlich zurechtweisen sollen. Dieses göttliche Gebot wird in einem Atemzug mit dem zweitgrößten Gebot genannt. Man kann sagen, dass uns der Allmächtige durch diesen Zusammenhang die Wichtigkeit der Ermahnung aufzeigt.

Oft ist es aber so, dass ein “ernstliches Zurechtweisen” mit Hemmungen (wie z.B. Menschenfurcht) verbunden ist, oder schlimmer: mit negativen Emotionen (wie z.B. genervt zu sein).
Beides hat in einer göttlichen Ermahnung nichts verloren:
Denn man soll nicht ermahnen, weil man genervt ist oder dem anderen etwas vorzuwerfen hat, sondern man soll aus Liebe ermahnen. Im Umkehrschluss soll die Ermahnung aber nicht ausbleiben, weil wir Angst und Scheu vor der Situation haben. Das wäre Menschenfurcht.

Wir sind, wie eben beschrieben, durch ein göttliches Gebot zur Ermahnung und Zurechtweisung verpflichtet. Lieben wir unseren Nächsten, dann ermahnen wir, weil auch wir wollen würden, dass man uns ermahnt, wenn eine für uns nicht erkennbare Gefahr da ist. Dies ist der Aspekt des Zusatzes beim königlichen Gebot: “Lieben wie dich selbst.
Jeder von uns möchte, dass wenn eine für uns “unsichtbare” Gefahr vorhanden ist, dass wir auf diese hingewiesen werden. Ob wir dann diesen Hinweis bzw. diese Ermahnung annehmen, ist dann unsere Sache. Aber als Ermahnender sollen wir keineswegs schweigen, schon gar nicht aus Menschenfurcht, denn…

Spr 27,5 Liebe, die offen tadelt, ist besser als eine, die ängstlich schweigt. [GNB]

Viel, sehr viel gäbe es noch zu diesem Thema zu sagen, aber sowohl im Artikel zum Thema Liebe (Abschnitt: “Liebe und Züchtigung“), als auch im Artikel zum Thema “Dürfen wir richten?” gehen wir ein wenig näher darauf ein. So Gott schenkt, wird ein komplett separater Artikel zu diesem Thema “Erbauen & Ermahnen” folgen.

Hier zum Abschluss dieser Lesung noch ein paar Stichpunkte, die hilfreich bei diesem Thema sein könnten:

  • Gott liebt uns und daher züchtigt er uns (Hebr 12,6). Manchmal findet diese Züchtigung aber auch indirekt durch unsere Brüder und Schwestern statt, indem sie uns ermahnen.
  • Es gibt einen Unterschied zwischen falschem Richten (Mt 7,1), gerechtem Richten (Joh 7,24) und dem Gebot der Ermahnung (3Mo 19,17).
  • Zum Schutz der Gemeinschaft muss ein Richten und Ermahnen stattfinden (z.B. 1Kor 5,12-13).
  • Das Ermahnen ist schwierig genug, aber das Ermahnt-werden meist noch viel schwieriger. An beiden Baustellen müssen wir arbeiten und uns darin üben. Tun wir das, dann wachsen wir gemeinsam und gelangen so zur Reife, die Gott wohlgefällig ist.
  • Alle diese Dinge sollen ein fester Bestandteil der Gemeinschaft sein, sowohl das Richten und das Ermahnen als auch das Ermahnt-werden. Alles aber immer in Frieden und in der Liebe:

2Kor 13,11 Im Übrigen, ihr Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch ermahnen, seid eines Sinnes, haltet Frieden; so wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein! [SLT]

Zu was dieses Gebot der “ernstlichen Zurechtweisung” jedoch nicht mutieren sollte (aber leider bereits im großen Rahmen mutiert ist), ist, dass man seinen Emotionen freien Lauf lässt und jeden beschuldigt und mit harten Worten beschimpft und so meint, irgendwie Gott wohlgefällig zu handeln. Für solche, die diese und ähnliche Weisungen Gottes, für ihren persönlichen Rachefeldzug benutzen, sei angemerkt, dass man a) nicht hassen, sich rächen oder nachtragen soll und b) stets das Wohl des Nächsten im Fokus haben soll. Denn dazu wird ein jeder von uns ermahnt:

Eph 4,1-3 So ermahne ich euch nun, ich, der Gebundene im Herrn, dass ihr der Berufung würdig wandelt, zu der ihr berufen worden seid, indem ihr mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut einander in Liebe ertragt und eifrig bemüht seid, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens. [SLT]

V1.2

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