Eph 2,15 indem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinwegtat, um die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen zu schaffen und Frieden zu stiften. [SLT]
Hier wird gemeint, so das breite Verständnis, dass das “Gesetz” durch Christus “hinweggetan” wurde; oder wie in Kol 2,14 beschrieben, ans Kreuz genagelt wurde:
Kol 2,14 und er hat die gegen uns gerichtete Schuldschrift ausgelöscht, die durch Satzungen uns entgegenstand, und hat sie aus dem Weg geschafft, indem er sie ans Kreuz heftete. [SLT]
Auch hier können wir wieder sagen, dass wir die Auslegungen um diese Stellen nachvollziehen können.
Bevor wir aber zu der genauen Betrachtung der beiden Verse kommen, kurz vorab etwas zu der Aussage in Eph 2,15: “um die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen zu schaffen und Frieden zu stiften“.
Würden wir diesen Punkt nicht gleich hier erwähnen, könnte es nachher den Fokus vom Kern der Betrachtung wegführen. Daher hier kurz und bündig:
Die hier erwähnten “zwei Parteien”, zwischen denen Feindschaft war und nun in Christus Frieden herrscht, sind nicht irgendwie das Gesetz und die nun “vom Gesetz Befreiten”, sondern es sind die Israeliten aus Vers 12 und die Nicht-Israeliten, sprich Heiden aus Vers 11. Zwischen diesen beiden gab es Feindschaft. Die Heiden waren fern von Gott, wurden aber durch das Blut Christi Gott nahe gebracht:
Eph 2,11-13 Darum gedenkt daran, dass ihr, die ihr einst Heiden im Fleisch wart und Unbeschnittene genannt wurdet von der sogenannten Beschneidung, die am Fleisch mit der Hand geschieht — dass ihr in jener Zeit ohne Christus wart, ausgeschlossen von der Bürgerschaft Israels und fremd den Bündnissen der Verheißung; ihr hattet keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt. Jetzt aber, in Christus Jesus, seid ihr, die ihr einst fern wart, nahe gebracht worden durch das Blut des Christus. [SLT]
Nun zum Kern unserer Betrachtung:
Bei einem genaueren Blick in den alt-griechischen Grundtext der beiden Verse fällt eine interessante Sache sofort auf, nämlich dass sich hinter der etwas seltsamen Formulierung “Gesetz der Gebote in Satzungen” ein uns allen bekanntes griechisches Wort verbirgt:
“Dogma“. Das gleiche “Dogma” verbirgt sich auch hinter der “Satzung” in Kol 2,14.
Sieht man nun an allen Stellen im “NT” nach, in denen das Wort “Dogma” im griechischen Text vorkommt, findet man schnell heraus, dass ausnahmslos von menschlicher Lehre die Rede ist. In nur einer einzigen von diesen Stellen ist der Zusammenhang kein negativer, sondern ein positiver: nämlich im Entschluss einer besonderen Gruppe von Menschen: den eingesetzten Apostel unseres Herrn (Apg 16,4).
Wir möchten diese Tatsache noch einmal wiederholen, da sie wichtig für die Betrachtung dieser beiden Verse und allgemein für unser ganzes Glaubensleben ist (wir werden später noch darauf eingehen warum):
Überall wo das griechische Wort “Dogma” vorkommt, ist nicht von göttlicher, sondern von menschlicher Lehre die Rede.
Man könnte nun völlig berechtigt einwenden: Wenn in Apg 16,4 der Zusammenhang des menschlichen “Dogmas” ein positiver ist, wieso kann das dann nicht auch bei Eph 2,15 und Kol 2,14 der Fall sein?
Die Antwort ist einfach: Natürlich könnte das der Fall sein, aber die Verse im unmittelbaren Zusammenhang zeigen auf, dass dem nicht so ist. Dazu der Kontext zu Kol 2,14:
Kol 2,20 Wenn ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, weshalb lasst ihr euch Satzungen auferlegen, als ob ihr noch in der Welt lebtet? [SLT]
Hier schreit Paulus einen regelrechten Aufweckruf aus, denn auch hier befindet sich hinter dem Wort “Satzungen auferlegen lassen” das griechische Wort “dogmatizo”; das Verb aus dem Nomen “Dogma”. Man würde heute seinen Aufweckruf aus Kol 2,20 vielleicht wie folgt formulieren:
“Wenn ihr durch Christus Freiheit von diesen weltlichen Lehren habt, wieso lasst ihr euch dann von Menschen dogmatisieren – und folgt ihren eigens erdachten Geboten? Als ob ihr durch Christus nicht davon befreit wärt, sondern immer noch nach Menschengeboten leben müsstet?”
Ist das zu weit hergeholt? Dazu weitere Verse im unmittelbaren Zusammenhang von Kol 2,14:
Kol 2,8.22-23 Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß. … — was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt — Gebote nach den Weisungen und Lehren der Menschen, die freilich einen Schein von Weisheit haben in selbst gewähltem Gottesdienst und Demut und Kasteiung des Leibes, und doch wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen. [SLT]
Vor allem der letzte Vers 23 ist ein wahrer Augenöffner für das richtige Verständnis von Kol 2,14 und der “Schuldschrift aus Dogmen, die ans Kreuz genagelt wurden“; denn viele Gläubige werden durch Religionen, die zwar ihren Ursprung in Christus haben,
- aber eben nicht Christus gemäß sind,
- zu einem von Menschen erdachten und somit selbst gewählten Gottesdienst geführt,
- der den Schein von Weisheit hat,
- jedoch leider wertlos ist
(zumindest wenn man diesen Worten des Paulus Glauben schenkt).
Das Tückische an dieser Art von Gottesdienst ist, dass er das Fleisch befriedigt und so eine enorme Anziehung auf uns ausübt, aber gleichzeitig auch eine große Gefahr der Verführung in sich birgt; denn diese menschlich gewählten Gottesdienste sind, wie von Paulus festgestellt, wertlos – obwohl diese Lehren für unser Glaubensleben einen Schein von Weisheit haben.
Daher seine Warnung:
Kol 2,8 Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß. [SLT]