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Bergpredigt

Mt 5,21-26
Unser Herr zeigt uns in seiner ersten “Ich aber sage euch”-Lehre auf, dass wir uns unter Brüdern nicht streiten, sondern uns versöhnen sollen – auch dann noch, wenn der Bruder zu unserem “Prozessgegner” wird (s. Vers 25; in den meisten Übersetzungen wird der “Prozessgegner” leider oft mit “Widersacher” wiedergegeben und so der gesamte Kontext verzerrt, denn es geht immer noch um den Bruder aus Vers 22, 23 und 24).

Direkt in seinem ersten Beispiel macht der Meister uns klar, dass nicht die Worte oder die Tat allein entscheidend sind, sondern schon die Gedanken und Gefühle, die einer solchen Tat immer vorangehen, sind unser eigentliches Problem.

Bei einem Mord wird der Mörder dem Gericht verfallen sein, wie es in Vers 21 beschrieben wird. Jedoch ist der Mord nur ein Beleg dafür, dass vorher im Herzen des Mörders Gedanken der Feindschaft waren. Diese verurteilt unser Herr auf’s Schärfste, indem er klarstellt, dass diese Gedanken und Worte in uns in den Augen seines und unseres himmlischen Vaters wie der Mord selbst sind. Er geht so weit – um uns die Tragweite dieser Gedanken und Gefühle zu veranschaulichen – dass er sogar sagt:

Mt 5,22 Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder ohne Ursache zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!, der wird dem Hohen Rat verfallen sein. Wer aber sagt: Du Narr!, der wird dem höllischen Feuer verfallen sein. [SLT]

Anmerkung: Das mit “ohne Ursache” übersetzte griechische Wort “εἰκῆ” (eikej) kann auch “unüberlegt, kopflos” und dergleichen bedeuten. Das ist deshalb wichtig, weil wenn wir unserem Bruder zürnen, haben wir natürlich – aus unserer Sicht – immer irgendwelche Gründe und es geschieht somit – wieder aus unserer Sicht – nie “ohne Ursache”. Auf diese Weise würde der Vers aber kaum bis nie Anwendung finden. Daher kann es auch nicht so gemeint sein. Unser Herr warnt uns daher entweder davor, dass wir in unserem Zorn nicht “kopflos und unüberlegt” Dinge sagen sollen oder wir nicht meinen sollen, Gründe zu haben, die aber eigentlich gar keine sind. So oder so, sollen solche Gedanken nicht in uns sein und solche Worte nicht über unsere Lippen kommen, deren Konsequenzen im Nachhinein vernichtend für uns sind.

Direkt mit dem ersten Beispiel unseres Meisters wird eines sofort klar:

Das alleinige Halten des Buchstabens ist bei weitem nicht ausreichend für das Königreich Gottes, sondern bildet lediglich die Grundlage. Die Grundlage bedeutet also, dass wir nicht morden sollen (das ist selbstverständlich für jeden von uns klar), aber wenn wir schon ein unversöhnbares Herz voller Vorwürfe gegenüber unserem Bruder haben, ist das aus der Sicht Gottes dem Mord gleichzusetzen. Die zuvor erwähnte Gerechtigkeit der Pharisäer bringt den Schuldigen bei einem Mord vor Gericht – und das natürlich völlig zurecht. Die von uns für das Reich der Himmel geforderte – und von unserem Herrn gelehrte Gerechtigkeit – soll diese aber bei weitem übertreffen, sodass unser Innerstes so verändert wird, dass wir diese Gefühle und Gedanken gegenüber unserem Bruder gar nicht erst haben. Haben wir sie aber und sprechen unbedachte Worte aus, ist das Urteil unseres Herrn vernichtend (s. Vers 22).

Genau nach diesem Muster wird nun unser Herr in den noch folgenden Versen fortfahren. Wenn wir den Aufbau der sog. Bergpredigt also nicht als eine Kette einzelner Passagen betrachten, sondern uns ihren inneren Aufbau vor Augen führen, teilt uns unser Herr klar und leicht verständlich ungefähr folgendes mit:

Euch wird gelehrt: “Du sollst dieses und jenes tun bzw. nicht tun”, ich aber lehre euch, dass das eigentliche Problem in eurem Inneren stattfindet und eine gottgewollte Veränderung nötig hat. Wollt ihr euch nicht verändern, dann wird eure Gerechtigkeit sich von der der Pharisäer nicht großartig unterscheiden. Ihr sollt diese aber bei weitem übertreffen, denn ihr sollt…

Mt 5,48 Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist! [SLT]

Im Beispiel des Mordes in den Versen 21-26 bedeutet das ganz einfach und direkt formuliert: Tragen auch wir diese und ähnliche Gedanken gegenüber Brüdern in uns, werden wir nicht in das Reich der Himmel eingehen – so die klaren Worte unseres Erretters, denn:

Eine feindselige Gesinnung gegenüber einem anderen Kind Gottes haben in der Ewigkeit nichts verloren! Haben wir dennoch diese Gedanken und Gefühle, müssen diese aus uns entfernt werden – so auch bei allen anderen noch folgenden Problemen unserer gefallenen Natur, die uns unser Herr noch aufzeigen wird.

Dieses erste Beispiel zeigt hoffentlich auf, warum es wichtig ist, die sog. “Bergpredigt” als ein Ganzes zu sehen und zu verstehen. Denn alle anderen noch folgenden Aussagen unseres Meisters zielen darauf ab, dass nur unser Glaube und der Wille Gottes nach dem Buchstaben nicht das ist, was uns in das Reich Gottes bringt, sondern all das und die gravierende Änderung unserer Herzen – so auch seine nächste Anforderung an uns:

Mt 5,27-30
Um den in diesen Versen genannten hohen Standard der Kontrolle der eigenen Gedanken und Begierden zu erreichen, reicht das alleinige Halten des Buchstabens bei weitem nicht aus. Es benötigt erneut eine grundlegende Wesensveränderung, sodass der Sohn Gottes in uns Gestalt annimmt:

Gal 4,19 Meine Kinder, um die ich noch einmal Geburtswehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinnt. [SLT]

Für diese Veränderung in uns benötigen wir

  • Gottes Hilfe durch seinen Geist,
  • unser Wollen und
  • unsere tägliche und andauernde Selbstaufgabe:

Lk 9,23 Er sprach aber zu allen: Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach. [SLT]

Diese Selbstaufgabe erstreckt sich auch oder v.a. auch in das Eheleben (s. dazu die direkt folgenden Verse 31 und 32); denn einfach so scheiden lassen, weil uns etwas nicht am anderen passt, kommt für einen Gläubigen nicht in Frage; d.h. auch in der Ehe ist die Selbstaufgabe entscheidend und ohne sie geht es nicht:

Eph 5,25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat. [SLT]

Mt 5,33-37
Eine ganz einfache und klare Lehre: Wir sollen zuverlässig und treu zu unserem Wort stehen – egal ob wir sagen, dass wir in fünf Minuten zum Essen herunterkommen oder ein wichtiges Versprechen für einen Freund in Not geben. Unser “Ja” soll ein “Ja” und unser “Nein” ein “Nein” sein. Wenn wir aber anfangen – wie jene damals es lehrten und praktizierten (wie z.B. in Mt 23,16-22) – unsere Zusagen anhand von der Wichtigkeit bzw. Heiligkeit von irgendwelchen Gegenständen abhängig zu machen (wie z.B. “Ich schwöre bei Jerusalem.”, “Aber ich schwöre bei Gottes Thron.”), dann kann man unseren Worten nicht trauen und es ist vom Bösen, wie es unser Herr in Vers 37 klarstellt.

Mt 5,38-Ende
Die beiden in dieser Passage folgenden “Ihr habt gehört … ich aber sage euch”-Aussagen (aus Vers 38 und 43) stehen unter einem größeren Gedanken:

Wir sollen nicht Böses mit Bösem vergelten.

Die damaligen Geistlichen lehrten durch das falsche Auslegen des Gebots “Auge um Auge” Selbstjustiz und Racheakte; ferner das Hassen der Feinde in diesem Zusammenhang. Jedoch verbietet das Gesetz Gottes diese Dinge und fordert zu Zeugen, zu genauem Nachforschen und Gerechtigkeit auf – sodass das Böse aus der Mitte weggeschafft wird (siehe 5Mo 19,14-21). Dies lehrte unser Herr und Gleiches lehren uns auch die Briefe des Neuen Testaments, wie z.B. in:

1Kor 5,13 … So tut den Bösen aus eurer Mitte hinweg! [SLT]

Auch das Gott wohlgefällige Handeln gegenüber Feinden ist keine neue Lehre, sondern eine, die bereits im Gesetz Gottes geschrieben stand bzw. steht:

2Mo 23,4-5 Wenn du den Ochsen deines Feindes oder seinen Esel umherirrend antriffst, sollst du ihn diesem auf jeden Fall zurückbringen. Wenn du den Esel deines Hassers unter seiner Last liegen siehst, so hüte dich, ihn diesem zu überlassen; du sollst ihn auf jeden Fall mit ihm losmachen. [CSV]

Diese und andere Dinge sollten den Schriftgelehrten eigentlich klar sein, sodass sie dem Volk den Willen Gottes lehren können, aber sie taten dies nicht, sondern eher das Gegenteil. Warum? Weil sie ihren eigenen Wünschen und Begierden folgten. Deswegen spricht der Herr über sie die Worte, die wir bereits zuvor gelesen hatten:

Mk 7,7-8.13 Vergeblich aber verehren sie mich, weil sie Lehren vortragen, die Menschengebote sind. Denn ihr verlasst das Gebot Gottes und haltet die Überlieferung der Menschen ein … und so hebt ihr mit eurer Überlieferung, die ihr weitergegeben habt, das Wort Gottes auf; und viele ähnliche Dinge tut ihr. [SLT]

Unserem Herrn geht es in seiner Lehre aber nicht um menschliche Überlieferungen, auch nicht allein nur um das Halten der Gebote, sondern …

… um die Dringlichkeit unserer inneren Veränderung, die im Gesetz Gottes fest verankert ist – wir aber (noch) nicht verstehen.
Darum seine Lehre.

Um diese für jeden von uns notwendige Veränderung zu verdeutlichen, benutzt unser Herr für den einen oder anderen leicht missverständliche Aussagen – u.a. die “Feindesliebe”.

Denn er lehrt uns sicherlich nicht, dass wenn uns z.B. irgendjemand verprügelt, dass wir ihm noch wortwörtlich die andere Wange hinhalten. Das wäre so, als würde jemand daherkommen und unser Kind verprügeln und wir ihn bitten, dass er kurz wartet, sodass wir ihm dann noch unser anderes Kind zur Verfügung stellen können. Das ist absurd. Vielmehr zeigt er uns durch diese übertriebenen Beispiele die Dringlichkeit auf, dass wir unser Inneres, d.h. unser Herz frei von Rache, Vorwürfen und Bitterkeit machen sollen – v.a. gegenüber unseren Geschwistern, aber natürlich auch gegenüber allen anderen Menschen – und auch gegenüber unseren Feinden. Denn Dinge wie “Rache” sind nicht unsere Sache, sondern die des Allmächtigen (5Mo 32,35). Wir sollen alle frei von Vorwürfen und Bitterkeit sein, denn sie sind pures Gift für uns.

Da diese Wahrheiten aber nicht gelehrt wurden und stattdessen gesagt wurde: “Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.” (Vers 43), kontert unser Herr mit einer Lehre, die keinerlei Raum in unseren Herzen für irgendetwas Böses zulässt. Die sog. Gelehrten hatten sich aber die Heilige Schrift so zurechtgelegt, wie es ihren Herzen entsprach und es komfortabel für sie war: Denn zu hassen ist einfach, zu lieben schwierig.

Im Kern geht es unserem Meister wieder um unsere radikale Herzensveränderung. So radikal, dass wir sogar für die beten, die uns verfolgen (Vers 44) – damit wir schlussendlich irgendwann den letzten Vers des 5. Kapitels erfüllen:

Mt 5,48 Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist! [SLT]

Wie man diese Forderung unseres Herrn erfüllt, ist keine fiktive “Wir müssen absolut perfekt werden”-Vorstellung, sondern lediglich das Ergebnis, der von ihm zuvor genannten (und noch folgenden) Anforderungen. Streben wir nach diesen Anforderungen, wird durch Gottes Kraft sein Sohn mehr und mehr Gestalt in uns gewinnen. Sagen wir aber: “Das ist unmöglich” oder sogar: “Das ist gar nicht nötig, denn das hat er ja bereits für uns getan und wir müssen nur noch glauben.”, machen wir seine Worte und somit seine gesamte Lehre null und nichtig.

Wir sollten aber die Worte unseres Herrn nicht auf ein Podest der Unerreichbarkeit stellen, …

1Petr 1,15 sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. [SLT]

(Sela)

Wir können festhalten, dass die Verse aus Mt 5,21-48 eines gemeinsam haben:

Sie stellen die Werke nach den menschlichen Lehren und Taten (durch das “Ihr habt gehört…” eingeleitet) in Relation zu dem eigentlichen Kern und Ziel des Gesetzes – veranschaulicht durch das “Ich aber sage euch…“.

Dieser Kern des Gesetzes, welches die Liebe zu Gott und unserem Nächsten ist, bedeutet aber nicht, dass wir dadurch etwas im Gesetz auflösen:

Mt 5,19 Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, der wird groß genannt werden im Reich der Himmel. [SLT]

D.h. unser Herr lehrt uns zwar das Wichtigste am Gesetz, das bedeutet aber nicht, dass wir dadurch das andere nicht mehr tun sollen:

Mt 23,23 Wehe euch Gesetzeslehrern und Pharisäern! Ihr Scheinheiligen! Ihr gebt Gott den Zehnten Teil von allem, sogar noch von Gewürzen wie Minze, Dill und Kümmel; aber um das Wichtigste an seinem Gesetz, um Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue, darum kümmert ihr euch nicht.
Dies solltet ihr tun, ohne das andere zu lassen! [GNB]

Unser Meister zeigt uns seinen gesamten Dienst hindurch immer wieder das Gleiche auf:

Tut alles, was im Gesetz steht, aber beachtet dabei meine vom Vater kommende Lehre (Joh 8,28), die den Kern und das Ziel des Gesetzes aufzeigt, erfüllt und so voll und ganz zur Geltung bringt.

Und der Kern und das Ziel und somit die Erfüllung des Gesetzes war und ist und wird es immer sein:

Unsere Selbstaufgabe in Liebe für Gott und unseren Nächsten. Dadurch wird ganz automatisch der Wille Gottes, wie im Himmel, so auch auf Erden, geschehen.

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