Liebe & Züchtigung
Dieser Teil lässt sich am besten durch folgende Passage veranschaulichen:
Hebr 12,4-11 Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde und habt das Trostwort vergessen, das zu euch als zu Söhnen spricht: »Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des HERRN und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst! Denn wen der HERR lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der sie alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht und keine Söhne! Zudem hatten wir ja unsere leiblichen Väter als Erzieher und scheuten uns vor ihnen; sollten wir uns da nicht vielmehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben? Denn jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien; er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind. [SLT]
Eine kurze Frage zum besseren Verständnis dieser Verse: Sind Eltern mit ihren Kindern “streng”, weil sie sie hassen? Oder “züchtigen” sie ihre Kinder, weil sie sie lieben?
Ganz einfach und klar formuliert, kann man sagen: Gott züchtigt, die er liebt.
Sollte es also der Fall sein, dass in unserem Glaubensleben alles “erste Sahne” ist und keine Züchtigung Gottes stattfindet (Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der sie alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht und keine Söhne!), sollten wir beginnen, uns selbst und unseren Glaubenswandel intensiv zu überprüfen (siehe hier…).
Züchtigung Gottes durch andere:
Manchmal oder oft wirkt Gott auch durch Menschen, die uns gefühlt mit Worten schlagen – also züchtigen. Manchmal zurecht, manchmal zu unrecht (wobei in unseren Augen natürlich oft Letzteres der Fall ist).
So oder so gilt: Lieben wir unsere Brüder, so sollten wir offen und ehrlich zu ihnen sein. Das weit verbreitete “Du darfst andere nicht richten!” lähmt und bremst uns dabei, diese Art der göttlichen Liebe zu unserem Nächsten auch durch brüderliche Ermahnung auszuleben. Die Heilige Schrift sagt:
Spr 27,5 Liebe, die offen tadelt, ist besser als eine, die ängstlich schweigt. [GNB]
Beim Ermahnen und “Unangenehmes untereinander offen anzusprechen”, haben wir massive Hürden zu überbrücken – und zwar in alle Richtungen; denn mehr schlecht denn recht wird diese göttliche Aufforderung entweder gar nicht ausgelebt oder im anderen Extrem: völlig missbraucht; u.a. dadurch, dass wir die zuvor genannten Punkte (Selbstaufgabe, Dienst für Gott und für unseren Nächsten, Vergebung, Treue usw.) nicht in unserem Glaubensleben haben, sondern unser Ego im Fokus steht. Aus dieser Ich-Fixierung heraus kann aber keine Ermahnung aus Liebe entstehen, sondern daraus entsteht meist Zank, Zorn, Streit und Bitterkeit.
Wir möchten diesen Punkt noch einmal wiederholen, weil er so wichtig ist: Wenn wir nicht im Dienst für den anderen, in der Vergebung und der Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern leben, dann führen Ermahnungen meist nicht zu dem Ergebnis, zu dem sie führen sollten.
Anders formuliert: Wenn der Kern der Bibel die Liebe ist und wir ermahnen sollen, weil diese göttliche Liebe in dem einen oder anderen Punkt nicht gelebt wird, wie sollte das dann gehen, wenn wir ohne Liebe ermahnen? Und Liebe heißt nicht immer “Samthandschuhe” – so wie die Züchtigung des Vaters aus Liebe auch nicht immer “sanft” ausfällt (er schlägt jeden Sohn, den er annimmt).
Das ist ganz wichtig für uns zu verstehen, denn auch dieser Aspekt der Liebe wird durch den humanistischen Geist unserer Zeit niedergerungen, sodass wir regelrecht daran gehindert werden, so zu lieben, wie es Gott von uns erwartet. Nicht umsonst steht einen Vers vor dem zweitwichtigsten Gebot der Nächstenliebe (3Mo 19,18) in 3Mo 19,17 geschrieben:
3Mo 19,17 Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen; sondern du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, dass du nicht seinetwegen Schuld tragen musst! [SLT]
Wie wir gesehen haben, sind das “offene Tadeln und die ernstliche Zurechtweisung” wichtig und ein Beleg unserer Liebe zu unserem Nächsten – sofern sie aus Liebe (und nicht aus Angriff) entstehen. Das Wohl und der heilige Wandel im Glaubensleben des anderen, die Einheit und der Frieden stehen bei dieser göttlichen Ermahnung immer im Vordergrund:
2Kor 13,11 Im Übrigen, ihr Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch ermahnen, seid eines Sinnes, haltet Frieden; so wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein! [SLT]
Das Thema hier in der Fülle abzuhandeln, wäre zwar passend, aber würde den Rahmen sprengen. Falls du mehr darüber erfahren willst, kannst du es u.a. hier tun (Artikel “Richten”).
Abschließende Frage zu diesem Teil:
Warst du schon einmal Zeuge davon, was für ein kraftvolles Zeugnis es ist, wenn Brüder sich in Liebe und Demut erbauen – aber eben auch ermahnen? Welche Kraft es in sich trägt, wenn das in Liebe und Frieden geschieht – sowohl vom Sender als auch vom Empfänger?
Joh 13,35 Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. [SLT]