Weitere häufig vorkommende Gefahren in Gemeinschaften
Wir werden uns gleich verschiedene Gefahren ansehen, dabei aber nicht so detailliert auf sie eingehen, wie zuvor bei der Zunge. Beginnen wollen wir, auch wenn es seltsam klingt, mit der Zunge. Dieses Mal geht es aber darum, dass sie nicht “unkontrolliert” redet, sondern im Gegenteil: sie schweigt, wo sie eigentlich reden sollte. Es geht um:
Nicht ausgesprochene Ermahnungen, Zurechtweisungen und Warnungen, die aus Nächstenliebe aber nötig wären.
Dazu zwei Stellen:
Spr 27,5 Besser Zurechtweisung, die aufdeckt, als Liebe, die verheimlicht.
Spr 29,25 Den Menschen zu fürchten ist eine gefährliche Falle, wer aber auf den HERRN vertraut, lebt unter seinem Schutz.
Oder in einer anderen Übersetzung:
Spr 29,25 Wer das Urteil der Menschen fürchtet, gerät in ihre Abhängigkeit; wer dem HERRN vertraut, ist gelassen und sicher.
Wo ist der Zusammenhang zwischen diesen beiden Versen und der Gefahr?
Der Zusammenhang ist, dass es in Gemeinschaften immer wieder vorkommt, dass Dinge, die wichtig sind (wie eben etwas, das zwingend eine Ermahnung oder Warnung erfordert) nicht angesprochen werden. Die häufigsten Gründe hierfür sind, dass man entweder keine Lust auf den Stress hat oder gar scheu bzw. sogar ängstlich ist.
Das heißt, um die Worte aus den Sprüchen anzuwenden:
Es findet keine Zurechtweisung statt, die aufdeckt, stattdessen tappt man in den Fallstrick der Menschenfurcht. Vertraut man aber auf Gott und darauf, dass es richtig und wichtig ist, seinen Nächsten aus Nächstenliebe auf gewisse Dinge anzusprechen, dann dürfen wir uns sicher fühlen und unserer Pflicht aus Nächstenliebe nachgehen.
Gleichzeitig darf man unter dem Deckmantel der Wichtigkeit von Ermahnungen diese aber nicht dafür missbrauchen, seinem Frust freien Lauf zu lassen. Denn die Faustregel bei Ermahnungen ist stets dieselbe:
Hilfe für seinen Nächsten
&
dass es in und aus Liebe geschieht.
Nicht aus Frust und Genervtsein!
…
Was in diesem Zusammenhang auch immer wieder innerhalb von Gemeinschaften vorkommt, ist, dass persönliche Konflikte unter Geschwistern nicht so behandelt werden, wie es sein müsste. Denn auch hier gilt: Nicht zudecken, sondern so schnell wie möglich klären! Nach der Klärung kann man es dann zudecken, vergeben und vergessen.
Tut man dies aber nicht und die Betroffenen fressen es stattdessen in sich hinein (oder reden eben, wie es leider üblich bei uns Menschen ist, mit anderen anstatt mit der Person selbst darüber), dann sind Probleme vorprogrammiert. Solche Dinge bringen Unruhe bzw. sogar bitteres Gift in die Gemeinschaft. Daher darf man diese Dinge nicht aufschieben oder gar komplett wegschieben, sondern man muss sie ansprechen und anhaltend klären!
…
Unruhestifter & Hochmütige
Manchmal gibt es Menschen, die generell durch ihre Art Unruhe in die Gemeinschaft bringen. Sei es dadurch, dass sie sich zu viel Redeanteil nehmen, zu viel diskutieren, an vielem etwas auszusetzen haben, an anderen rummeckern und am Ende mehr oder weniger dann auch noch alles besser wissen.
Der Umgang mit solchen Menschen ist herausfordernd. Aber auch hier gilt: Die betreffende Person muss darauf angesprochen und aufmerksam gemacht werden. Nicht anklagend, sondern in Klarheit, Langmut und Liebe!
Denn oft hat ein derartiges Verhalten einen Hintergrund, eine Wurzel. Diese gilt es mit dem Bruder oder der Schwester herauszufinden, sodass a) die jeweilige Person an sich selbst arbeiten kann und b) wieder Ruhe in die Gemeinschaft kommt. Das ist natürlich nur dann möglich, wenn die entsprechende Person auch wirklich offen dafür ist, Einsicht zeigt und an sich arbeiten und sich zum Gott Wohlgefälligen hin verändern möchte.
…
Unzucht
Offensichtlich ein riesen Thema. In der heutigen Zeit mehr denn je. Im sechsten, aber vor allem im siebten Teil (“Von Brüdern an Brüder”) werden wir noch ausführlich darauf eingehen. Hier möchten wir abschließend noch eine bzw. zwei Sachen erwähnen:
Fehlinformationen & falscher Fokus
Im Zeitalter des Internets ist die Gefahr der Fehlinformation enorm groß, u.a. deswegen, weil sie meist eine Mischung aus Wahrheit und Irrtum ist. Sie klingt oft logisch, nachvollziehbar und passt häufig in das sog. “größere Ganze”, also das persönliche Weltbild. Ist man bei seiner Informationsaufnahme dann einmal falsch abgebogen, kann es passieren, dass die milliardenschweren Social-Media-Unternehmen mit ihren ausgeklügelten Algorithmen – die einzig und allein dafür da sind, den Menschen einzufangen – ihren Rest dazu beitragen, dass man in seinem Glaubenswandel ganz woanders landet, als wo man eigentlich sein sollte.
Verschwörungstheorien sind hier natürlich ein wichtiges Schlagwort; aber noch viel gefährlicher sind (sowohl für den einzelnen als auch für die gesamte Gemeinschaft) die vermeintlich biblischen Lehren, die sich nur am Rande mit den wahren wichtigen Dingen des Glaubens beschäftigen, stattdessen aber viel mit Nebensächlichkeiten; wenn zum Beispiel die Geschehnisse der Welt, die geheimen Ereignisse “hinter dem Vorhang”, Spekulationen über Prophetie oder ähnliches mehr thematisiert werden, anstatt z.B. der Dienst für Gott, die wahre Nachfolge Christi in Selbstaufopferung und die Veränderung unserer Herzen. Ist dieser Schiefstand erkennbar, dann müssen bei allen, aber vor allem bei den Ältesten die Alarmglocken angehen!
Im Zusammenhang von Fehlinformationen, biblischen Theorien und dergleichen passt es auch, folgende Wörter einzuwerfen:
Meinungsfreiheit und Meinungsstarrheit
Natürlich kann und darf jeder zu nicht klar in der Bibel definierten Dingen (wie z.B. eben Verschwörungstheorien) seine eigene Meinung haben und diese auch vertreten. Die Frage ist nur, wie man das macht. Ist man offen dafür, falsch liegen zu können, oder ist man felsenfest davon überzeugt, dass es ausgeschlossen ist, dass man falsch liegen könnte?
Diese Frage ist natürlich nicht nur bei außerbiblischen Themen wichtig, sondern generell. Soll heißen: Innerhalb einer Gemeinschaft sollten sowohl alle Geschwister einzeln als auch die Gemeinschaft als Ganzes offen für Kurskorrekturen sein. Und das nicht nur dafür, dass man falsch liegen könnte, sondern auch dafür,
- dass man vielleicht mit der Zeit lau geworden ist,
- die Liebe in einem nicht mehr so brennt,
- die ersten Werke nicht mehr getan werden
- oder dass man sich eben mehr mit Nebenschauplätzen beschäftigt als mit den wahren wichtigen Dingen.
Sollte so etwas passieren, braucht es hier dann nicht nur die Selbsterkenntnis einer einzelnen Person, sondern die Selbsterkenntnis der Gemeinschaft im Ganzen!
…
Natürlich gibt es noch weitere Gefahren und Probleme, die aufkommen können, aber an dieser Stelle gehen wir langsam über zu den Gelegenheiten und Chancen, die sich durch eine Gemeinschaft bieten, indem wir einen Punkt behandeln, der sowohl Gefahr als auch Gelegenheit zugleich ist.