Mt 6,1-18 Keine Show hinlegen, Demut und Vergebung
Unser Herr fährt ohne Pause und im Zusammenhang zu Matthäus 5 fort und geht von der Lehre der damaligen Geistlichen zu der Art und Weise über, wie sie ihren Glauben auslebten; denn sie waren ganz groß darin, ihre vermeintliche Heiligkeit äußerlich zur Schau zu stellen, wie z.B. durch Almosen geben, beten, fasten und dergleichen, “um so von anderen gepriesen zu werden” (s. Vers 2). Unser Herr nannte diese Art von Menschen “Heuchler”. Sie erschienen anderen wegen ihrer zur Schaustellung als heilig, waren es aber nicht. Aus diesem Grund gibt es unser Wort “Scheinheiliger”.
Da unser Meister, wie bereits erwähnt, zwar über sie, aber im Kern zu uns redet, sollten wir nicht mit dem Finger auf die Pharisäer zeigen, sondern seiner Lehre zuhören und uns selbst an ihr prüfen, warum wir die Dinge in unserem Glaubensleben tun, die wir tun. Stellen auch wir unsere Taten, unser Wissen, unseren Fleiß und dergleichen zur Schau? Zeigen wir vielleicht mit dem Finger auf solche, die dies tun, tun aber in Wahrheit das Gleiche?
Auf diese unter uns Menschen weit verbreitete Eigenschaft wird er später im 7. Kapitel durch das Bild “Splitter und Balken” noch genauer eingehen.
Hier möchte er uns nun zur Selbstprüfung anspornen, ob auch wir Dinge in unserem Glaubensleben tun, um von anderen gesehen zu werden. Um vielleicht besonders heilig zu wirken? Besonders geistlich? Besonders einfühlsam? Besonders selbst aufopfernd? Besonders innig im Gebet und im Lobpreis? Besonders liebevoll? Besonders viel fastend? Besonders viel über die Bibel wissend? Besonders dienend? Besonders tief in der Verbindung zu Gott seiend? usw. usf.
Oder tun wir diese Dinge aus unserer Gottesfurcht heraus, ohne sie für andere zur Schau zu stellen?
Wir alle sollten – da auch in diesem Punkt unser Herz eine grundlegende Wesensveränderung nötig hat – unsere Motive für unsere Gedanken, Gefühle, Reden und Taten sehr genau prüfen.
Fragen wie diese können uns dabei helfen:
Warum sage ich das, was ich sage? Warum tue ich das, was ich tue? Ist die Antwort nicht, dass wir es allein für Gott oder unseren Nächsten tun (sondern für unser Ego, weil wir gerne wollen, dass das andere sehen), sollten wir umgehend etwas daran ändern.
Am Rande sei hier erwähnt, dass das (in diesen Gedanken eingebettete und allseits bekannte) “Vater unser” (in den Versen 9-13) zwar durchaus ein grobes Gerüst für unser Gebet bietet, aber es dem Herrn im Kern um den Kontrast zwischen den öffentlichen zur Show dienenden Gebeten der Heuchler (Vers 5), als auch den langen Gebeten der Heiden (Vers 7) gegenüber dem intimen Gebet in unserer Kammer geht (Vers 6). Sein Beispiel-Gebet ist also in einen Zusammenhang eingebettet, der uns nicht primär das Beten an sich lehrt (dennoch ist sein Gebet natürlich ein wichtiger Leitfaden), sondern vielmehr unsere Herzenshaltung beim Gebet veranschaulichen soll: Beten wir, um für andere besonders innig mit Gott zu wirken und beten daher besonders lange? Suchen wir die Öffentlichkeit oder unser stilles Kämmerlein? Machen wir es, um gesehen zu werden oder beten wir wirklich von Herzen?
Denn tun wir das, was wir im Glauben tun nicht von Herzen, dann haben wir unseren Lohn bereits schon empfangen (s. Verse 2, 5 und 16) und gehen am Ende leer aus (s. Ende Vers 1). Tun wir es ohne Show für andere, sondern für Gott und unsere Nächsten, werden wir Lohn von unserem himmlischen Vater empfangen (s. Verse 4, 6, 14 und 18; diese wiederkehrenden Formulierungen sind übrigens der beste Beleg dafür, dass unser Meister hier über mehrere Verse von ein- und demselben Gedanken spricht und uns etwas in der Summe – und nicht isoliert – lehren möchte).
Ego sucht Bestätigung:
Wir alle kennen in der Welt, aber v.a. auch in unserem “Glaubensumfeld” und selbstverständlich auch an uns selbst, dass dieses “Show-Getue” ein Teil unseres Wesens ist. Unser Ego schreit nach dieser Bestätigung – bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger; aber im Endeffekt tragen wir es alle in uns und wir alle benötigen Reinigung in diesem Bereich unserer Herzen.
Man sieht also, dass es unserem Herrn wieder um unsere Wesensveränderung für das ewige Königreich Gottes geht.
Mt 6,19-Ende
Dieser Abschnitt ist ein weiterer Beleg dafür, wie Zwischenüberschriften den gesamten Zusammenhang einer einzelnen Aussage regelrecht zerstören können. Denn oft meint man, dass die Aussage in Vers 24 (“Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“) sich irgendwie darauf bezieht, dass der Gläubige nicht “geldgierig” sein soll, sonst könne er seinen gottgewollten Dienst nicht ausführen. Natürlich ist das auch so. Aber unserem Herrn geht es um viel mehr, daher sagt er direkt nach Vers 24 folgendes zu uns:
Mt 6,25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? [SLT]
Allein schon das Wort “darum” in Vers 25 macht eindeutig klar, dass nicht ein neuer Gedanke beginnt, sondern dass dieser Vers sich direkt auf Aussagen, die vorher getroffen wurden, bezieht. Verpasst man diesen Zusammenhang und denkt, dass er von “Geldliebe und Schätzen” spricht, versteht man gar nicht, worum es unserem Herrn im Kern geht, denn es geht ihm mit dem Mammon nicht um Geldliebe, sondern um:
Unsere Sorgen um die alltäglichen Dinge, wie Essen, Trinken und Kleidung, die ein Bestandteil unseres Denkens sind:
Mt 6,25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt… [SLT]
Man könnte dazu sagen: “Das ist doch völlig menschlich.”; das ist es selbstverständlich auch. Aber genau diese menschliche Sichtweise, die ein Beleg unseres Kleinglaubens ist, muss sich ändern. Denn wenn unsere Gedanken sich um diesen Schatz drehen (der eben nicht der Reichtum ist, sondern die “Sorgen um die alltäglichen Dinge“), dann wird da unser Herz sein.
Mt 6,21 Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. [SLT]
Unser Herr macht uns klar: Diese Art zu denken (also sich Sorgen um die alltäglichen Dinge zu machen) ist irdisch und soll vergehen.
Denn dieser eine Gott, der gleichzeitig auch unser liebender Vater ist, ist (wie wir alle wissen) allmächtig. Und wenn er schon die Vögel des Himmels mit allem versorgt, was nötig ist (Vers 26), wie sollten dann wir, die wir sagen: “Vater, wir glauben an dich.”, noch Sorgen um diese alltäglichen Dinge haben?
Mt 6,31-32 Darum sollt ihr euch nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen?, oder: Was werden wir trinken?, oder: Womit werden wir uns kleiden? Denn nach allen diesen Dingen trachten die Heiden, aber euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles benötigt. [SLT]
Erneut ein ziemlich hoher Anspruch, der an uns gestellt wird. Die Aussagen teilen uns mit:
Richte dein Herz – ganz ohne menschliche Sorgen – auf den Willen Gottes, dann wirst du all das erhalten, was du hier auf Erden benötigst (Vers 32); und obendrein sammelst du dir sogar noch unvergängliche Schätze für die Ewigkeit (Vers 20).
Ist unser Kopf und unser Herz aber voll mit weltlichen Sorgen, so sollen wir wissen:
Mt 6,21 Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. [SLT]
Ist unser Herz also bei diesen Sorgen verankert, dann können wir nicht voll und ganz unseren Dienst hier auf Erden ausüben, denn…
Mt 6,24 Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon! [SLT]
Noch einmal, weil dieser Punkt für uns alle so enorm wichtig ist:
Sorgen wir uns um Weltliches (und damit ist eben nicht der Reichtum gemeint), sondern ganz nachvollziehbare Dinge wie Nahrung und Kleidung, werden wir Gott nicht dienen können. Und unser Dienst ist ein weiterer Baustein vom Kern des Gesetzes (siehe z.B. 5Mo 10,12), denn:
Unsere Selbstaufgabe in Liebe zu Gott und unserem Nächsten, führt uns ganz automatisch dazu, dass wir Gott und unserem Nächsten – und eben nicht uns selbst – dienen.
Noch einmal anders formuliert, da dieser Punkt eines der wichtigsten biblischen Wahrheiten für uns ist:
Lieben wir Gott, dienen wir ihm und unserem Nächsten – d.h. der Glaube und die Liebe zwingen uns regelrecht zu Taten, die diesem Glauben und dieser Liebe in uns entsprechen. Das war schon von Anfang an so:
2Joh 1,6 Und dies ist die Liebe, dass wir nach seinen Geboten wandeln. Dies ist das Gebot, wie ihr von Anfang an gehört habt, dass ihr darin wandeln sollt. [SLT]
Im Umkehrschluss bedeutet das:
Tun wir keine Gott wohlgefälligen Werke und üben keinen Dienst für ihn aus, haben wir auch keinen Glauben. Jakobus beschreibt diese Tatsache sehr drastisch und wachrüttelnd für uns:
Jak 2,20 Willst du aber erkennen, du nichtiger Mensch, dass der Glaube ohne die Werke tot ist? [SLT]
Dienen wir also nicht – d.h. wenn sich unser Glaube und die Liebe in uns sich nicht in Gehorsam und Taten auswirkt, die Gott und unserem Nächsten dienen – dann haben wir, einfach ausgedrückt, ein Problem.
Haben wir aber den in Vers 24 erwähnten Dienst (wie groß oder wie klein dieser auch sein mag) als absolute “Nummer 1” in unserem Leben, können wir ihm voll und ganz vertrauen, dass er uns all das schenken wird, was uns fehlt, um diesen Dienst auszuüben; selbstverständlich damit einhergehend auch unsere alltäglichen Bedürfnisse, wie Nahrung und Kleidung:
Mt 6,33 Trachtet vielmehr zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles hinzugefügt werden! [SLT]
Wichtig ist nur, dass wir danach trachten! Trachten wir nicht “vielmehr zuerst” nach dem Königreich und tragen stattdessen die Sorgen des Alltags in unseren Köpfen und Herzen, ist das ein Warnsignal für uns, dass wir nicht genug Glauben und Vertrauen haben. Da dies sehr wahrscheinlich uns alle betrifft, brauchen wir alle – mal wieder – auch in diesem Punkt Hilfe und Veränderung. In kurz:
Menschliche Sorgen sollen durch göttliches Vertrauen ausgetauscht werden – ansonsten können wir Gott nicht dienen.
In seiner ganzen Lehre, wie bereits mehrfach gelesen, geht es ihm um unsere fundamentale innere Veränderung. Alle bisher von ihm genannten Punkte kennt man sehr wahrscheinlich aus seinem eigenen Leben. Es sind alles Baustellen, an die Gott seine Hand legen muss. Bei dem einen Punkt mehr, bei dem anderen weniger. Aber diese grundlegenden Probleme betreffen uns alle und wir alle brauchen Gottes Hilfe, damit unser gesamtes Wesen, sich dem seines Sohnes nach und nach angleicht; in dem Beispiel des Mammons in diesen Versen bleibend: Unser Herr hatte sich sicherlich keine Sorgen um Essen und Trinken gemacht, als er hier auf Erden Gott diente.
Damit auch wir diese Sorgen nicht haben, benötigen wir eine Veränderung, die uns frei von diesen Dingen macht, sogar von den alltäglichen Sorgen um Nahrung und Kleidung. Diese von unserem Meister gelehrte “Veränderung in uns” kann aber nur stattfinden,
- wenn wir ehrlich zu uns selbst sind,
- unsere Schwächen hinterfragen, erkennen und zugeben
- und dann unseren Vater im Namen seines Sohnes um Veränderung bitten.
Soll heißen: Erkennen wir an uns selbst, dass wir uns Sorgen um Nahrung und Kleidung machen (was wie gesagt völlig menschlich ist), sollten wir auf unsere Knie gehen und den Vater um Vergebung dafür bitten, dass wir ihm nicht genug vertrauen. Darum spricht der Herr:
Mt 6,25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? [SLT]
Wenn wir also diese Glaubensschwäche an uns erkennen, dann sollten wir den Vater um Kraft und Zuversicht bitten, denn dann werden sich Dinge in unserem Leben auch ereignen, die nach und nach diese Veränderung hervorbringen werden:
Der Allmächtige hat es fest zugesagt, denn dies ist sein Wille für jeden von uns: dass wir ihm voll und ganz vertrauen, denn treu ist er, der es versprochen hat.
Suchen wir also nach Wundern Gottes, dann sollten wir unsere Augen nicht nach außen richten, sondern unseren Blick nach innen wenden und diese Veränderungen in unserem Innersten anstreben. Denn sträuben wir uns durch unseren freien Willen dagegen, wird es schwierig mit unserer inneren Veränderung – jene Veränderung, die weg von unserem “irdischen Denken und Sein” hin zu einem “göttlichen Denken, Fühlen und Handeln” gehen soll.